Es ist Herbst und viele der im Naturschutzgebiet Werbeliner See heimischen Vögel haben sich schon auf den Weg in den Süden gemacht. Doch es gibt auch Vögel, denen das Gebiet als südliches Winterurlaubsquartier dient. Einer dieser Vögel ist der Raubwürger, der schon hier angekommen und zurzeit gut zu beobachten ist.
Der etwa starengroße hellgrau-schwarze Singvogel mit der markanten Räubermaske hat besondere Angewohnheiten. Er ernährt sich, anders als die meisten Singvögel, nicht von Beeren, Körnern und kleinen Insekten, sondern von Mäusen, großen Wirbellosen und sogar von anderen Singvögeln. Diese erbeutet er durch Sturzflüge von exponierten Sitzwarten aus oder aus dem Rüttelflug, ähnlich wie der weit bekannte Turmfalke. Um seine Beute mundgerecht zerkleinern zu können, fixiert der Raubwürger sie durch Aufspießen auf Dornen oder spitze Äste.
Mitunter kann man ganze Vorratskammern des kleinen Räubers entdecken, die über Schlechtwetterperioden mit ungünstigen Jagdbedingungen hinweg helfen oder auch bei der Balz zur Brautwerbung dienen.
Dieses Verhalten ist typisch für die Vertreter aus der Familie der Würger, die deshalb auch den lateinischen Gattungsnamen –Lanius- tragen, was –der Henker- bedeutet.
Als ausdauernder Ansitzjäger ist der in Deutschland stark gefährdete Vogel, der sich gerne auf den oberen spitzen abgestorbener Büsche und Bäume aufhält, bis in den Frühling hinein gut im Naturschutzgebiet Werbeliner See zu beobachten.
Es lohnt sich also beim nächsten Spaziergang ein Fernglas einzupacken und mit etwas Glück können sie die verrückten Angewohnheiten des kleinen Räubers hautnah miterleben.
Text und Bilder – Erik Eckstein