Das Naturschutzgebiet Werbeliner See sowie das umliegende Vogelschutzgebiet sind nicht nur wichtiger Lebensraum für die im Frühling und Sommer dort brütenden Vögel, sondern auch für Durchzügler und Wintergäste. Diese nutzen von Herbst bis Frühjahr das Gebiet zu Tausenden, um dort zu rasten, zu fressen oder einfach als Landmarke zum Überflug.
Zur Zugvogeltag-Exkursion am 26. Oktober konnte die Migration ausgiebig beobachtet und erfasst werden. So zogen an diesem Tag mehrere Hundert Ringeltauben in größeren Trupps über das Gebiet. Auch der Finkenzug nahm Fahrt auf, so konnten über den ganzen Tag Gruppen an Buch- und Bergfinken sowie Kernbeißern und Erlenzeisigen sowie der erste Birkenzeisig der Saison beim Überflug gesehen werden. Alle Vögel zogen immer in derselben Richtung über das Gebiet: aus Nordosten kommend und nach Südwesten fliegend.
Auf den Wasserflächen bzw. Inseln des Werbeliner Sees tummelten sich schon diverse Wasservögel. Während größere Gruppen an Graugänsen schon seit Sommer anwesend sind, kamen die nordischen Arten Saat- und Blässgans erst in den letzten Wochen aus ihren Brutgebieten hier an. Ende Oktober waren es noch etwa 2000, inzwischen sind schon über 6000 im Gebiet und die Anzahl wird in den kommenden Wochen voraussichtlich noch auf eine mehrfach fünfstellige Anzahl ansteigen. Mit um die 70 Reiher- und Tafelenten konnten auch die ersten paar Vertreter dieser Artengruppe gesichtet werden, deren Anzahl in den nächsten Wochen auf mehrere Hundert bis Tausend steigen wird. Während die Gänse das Gewässer zum Ruhen abseits von Gefahren wie dem Fuchs nutzen und auf den umliegenden Feldern Grünzeug fressen, halten sich die Enten ausschließlich dort auf und suchen Algen, Muscheln und kleine Fische unter dem Wasser als Nahrung.
Besonders war am 26. Oktober die Sichtung einiger Singschwäne. Hierbei handelte es sich um ein adultes Tier sowie um acht Jungtiere, welche an ihrer noch grauen Färbung erkennbar waren. Schwäne, wie auch Gänse und Kraniche, gehören zu den Zugvögeln, bei denen der Zug anhand markanter Landmarken stattfindet. Die Jungtiere müssen den Zugweg also von den Eltern lernen, weshalb die Familienverbände bis weit nach der Brutzeit zusammenbleiben. Die hier beobachtete Familie konnte aufgrund der auch auf weitere Entfernungen ablesbaren Halsringe genau identifiziert werden: es handelte sich um die, die dieses Jahr in den Saaleauen südlich von Halle brüteten.