Am Sonntag den 16. Juni wurde erfolgreich der 1. Tag der Artenvielfalt im Naturschutzgebiet (NSG) Werbeliner See mit Unterstützung von sechs fachkundigen Experten und Expertinnen durchgeführt! Mit viel Begeisterung und Freude haben die Artenkennenden Dr. Dietrich Wagler (Tagfalter), Willem Kujawa (Libellen), Robert Klesser (Spinnen), Franz Jäger (Staatenbildende Insekten), Ewald Jansen (Wespen) und Antonia Keller (Pflanzen) interessierte Bürger und Bürgerinnen mit auf die Reise in ihre Fachgebiete genommen. Die Artenkundigen sind nach einer kurzen allgemeinen Einführung mit ihren Schützlingen im Naturschutzgebiet ausgeschwärmt und haben sich insbesondere auf die Suche nach neuen Arten begeben. Und das mit Erfolg! Unter den 196 gesamt erfassten Arten wurden über 40 neue Arten für das Naturschutzgebiet Werbeliner See entdeckt! Somit wurden bisher 879 verschiedene Arten im NSG Werbeliner See nachgewiesen.
Ein Beispiel aus der Gruppe der Spinnen: Aus den über 20 erfassten Spinnenarten (16 davon standen bisher nicht auf der Liste des NSG) war ein schöner Fund die Blumenkrabbenspinne (Thomisus onustus). Obwohl die Art in Sachsen auf der Roten Liste als stark gefährdet bewertet wird (Stand 1996), scheint sich im NSG eine solide Population etabliert zu haben – sie wurde schon mehrfach gefunden. Das Besondere an dieser Krabbenspinne ist, dass sie ihre Farbe zwischen weiß, gelblich und rosa variieren kann. So kann eine Anpassung an die Blüte erfolgen, auf der sie auf heranfliegende Beute lauert. Dieser Farbwechsel dauert mehrere Tage und hilft nicht nur beim Beutefang, sondern sorgt auch für Tarnung zum Schutz vor Fressfeinden.
Bei den Tagfaltern sind einerseits bekannte Offenlandarten, wie der Kurzschwänzige Bläuling (Cupido argiades) und der Schachbrettfalter (Melanargia galathea), nachgewiesen worden. Im Zuge der fortschreitenden Sukzession haben sich nun auch Arten der strukturbetonten gebüschreichen Lebensräume angesiedelt, z.B. der C-Falter (Polygonia c-album). Erwähnt sei auch die Nachweisbestätigung für den Gestreiften Grasbär (Spiris striata), eine Art der Roten Liste Sachsens (stark gefährdet), die in Sandheiden und auf Ödland vorkommt und sehr selten ist.
Ein weiterer sehr spannender Fund wurde aus der Gruppe der Wespen gemeldet, ein Männchen der Grabwespenart Lestica clypeata. Die Männchen dieser Wespenfamilie kann an den verdickten Vorderbeinen erkannt werden (siehe Foto). Diese nutzen die Tiere, um bei der Begattung die Augen der Weibchen zu verdecken. Ein kleines transparentes „Guckloch“ in den Beinen ermöglicht es den Weibchen in diesem Zustand weiterhin agil zu bleiben.
Wie es die Biologie will können einige Arten nur detailliert unter dem Mikroskop bestimmt werden. Die Unterscheidungsmerkmale sind teilweise so gering, dass sie im Feld mit bloßem Auge nicht erkennbar sind. Sobald sich unsere Artenkundigen die noch zweifelhafte Tiere in Ruhe unter dem Mikroskop angeschaut haben, wird die ermittelte Artenzahl in den kommenden Wochen sogar noch steigen! Vielleicht sind ja auch noch weitere neue Arten dabei?
Fazit: Der 1. Tag der Artenvielfalt hat großen Spaß gemacht, Artenkennende teilen unfassbar gern ihr Wissen und vor einem interessierten Publikum sorgt das Ganze noch einmal für besondere Motivation – für Referenten sowie für Teilnehmende. Das Resümee aus über 40 Arten war ein voller Erfolg der Citizen-Science Veranstaltung! Leider waren die Wetterbedingungen nicht gänzlich optimal: Regen, kalte Nächte und starker Wind in den letzten Wochen als Merkmale eines bisher recht kühlen Sommers haben nicht so viel acht- und sechsbeinige Aktivität in unseren Keschern stattfinden lassen, wie wir erhofft hatten. Wir freuen uns umso mehr auf den 2. Tag der Artenvielfalt im nächsten Jahr!